Huangshan und Yellow Mountain - die Bergwelt im Süden von China
- Ariana Bruehwiler
- 28. Sept. 2023
- 6 Min. Lesezeit
Nun bin ich schon drei Wochen unterwegs und damit bricht meine letzte Woche in China an. Als Naturliebhaberin und Wandervogel lasse ich es mir nicht nehmen, zum Abschluss die Bergwelt Chinas zu entdecken.
Mit dem Zug reise ich ein drittes Mal weg von Shanghai, in das rund 400 km entfernte Huangshan. Die Stadt Huangshan liegt in der Provinz Anhui im Süden Chinas. Meine Reise dauert zweieinhalb Stunden.
Das Gebirge von Huangshan, seit 1990 UNESCO Weltkulturerbe, bedeckt eine Fläche von 154 km2 und es gibt 72 Gipfel. Der höchste Gipfel ist der Lotus Peak (Lotusblütengipfel), 1864 m ü. M., den ich natürlich erklimmen möchte.
Umgangssprachlich wird das Berggebiet „Mount Huangshan“ genannt oder „Yellow Mountain“. Der Name geht auf eine Legende zurück. Der Gelbe Kaiser Huang Di soll die Region besucht haben und man habe den Berg nach ihm benannt. Oder kommt der Name daher, da bei Sonnenuntergang und -aufgang das Gestein gelb schimmert? Google gibt beide Begründungen hervor. Bekannt wurde das Gebiet jedenfalls durch den Film Avatar. Nicht zuletzt ist diese Region auch ein beliebtes Ziel für chinesische Touristen, wie ich hautnah miterleben werde.
Mein 26 kg schwerer Koffer gibt das gesamte Wandersortiment her, da ich geplant habe, auf meiner weiteren Reise in Südamerika Trekkings zu unternehmen. So ziehe ich mit allem ausgerüstet los, was man als Wandervogel so benötigt. Über das Schuhwerk der Chinesen auf dem Berg staune ich hingegen. Es ist mancherorts fast lustig den einzelnen Wanderleuten zuzuschauen, wie sie die senkrecht abfallenden Berghänge erklimmen möchten. Die Wanderwege sind zwar sehr gut ausgebaut, aber es geht auch crazy steil den Felsen hinunter. Das ist definitiv nichts für schwache Nerven. Selbst ich als erprobte Wanderin und mit gutem Schuhwerk ausgestattet, gehe an gewissen Stellen sehr langsam, da ich nicht schwindelfrei bin. Einfach nicht runterschauen Ari!
Auf einer Trail-App habe ich mir vorgängig die Route zum Lotus Peak herausgesucht. Die App stuft diese Route als „schwer“ ein. Ich bin so fit, dass ich mir das zutraue. Schon mal vorweg: es war halb so wild - oder anders ausgedrückt, konditionell einfach, es hat einfach Zeit und Nerven gekostet. Es ging nämlich nur langsam vorwärts, höchstens im Schritt-Tempo und es ist mir einmal mehr zu laut in der Masse der Menschen. Beim letzten Kilometer zum Gipfel gibt es immer wieder Wartezeiten, man bleibt stehen und es ist einfach nur mühsam.
Oben angekommen ist die Aussicht atemberaubend, aber leider mit Nebel bedeckt. Da hätte ich mir einen besseren Tag aussuchen sollen. Naja, es gefällt mir trotzdem, weil die Berge so speziell geformt sind, ganz anders als in der Schweiz. So gibt es doch noch zwei, drei schöne Fotos, wie ich dann erst im Hotel feststelle. Die Chinesen lieben die „sea of clouds“ und lichten sich gegenseitig auf dem Gipfel ab. Ich mache kurz ein Foto – check – dann will ich nur noch den Menschenmassen entkommen.
Übrigens: ich habe mir später sagen lassen, dass der Nebel so sein muss. Im Wolkenmeer sollen die Akrobaten-Kiefern, die imposanten Felsen und die einzigartig geformten Granitgipfel noch schöner aussehen.


Der Abstieg zur Gondel ging Gott sei Dank schneller, als die Wanderung zum Gipfel. Mit der österreichischen Doppelmayr geht es ins Tal hinunter, wobei ich zuerst nicht in die Gondel gelassen werde. Was das Problem mit meinem Ticket ist verstehe ich aufgrund der einmal mehr sprachlichen Hürden nicht auf Anhieb. Es lässt sich doch noch ein Chinese finden, der „one way“ sagen kann. Ach so, mein Ticket war nur für die Bergfahrt. Schnell gehe ich noch ein Rückfahrticket kaufen. Unten angekommen muss man noch einen Teil der Strecke bis zum Ausgangspunkt mit einem Shuttle-Bus fahren. Auch hier dasselbe Problem: mein Ticket war nur für die Hinfahrt. Alle Chinesen dürfen einsteigen, ich nicht. So gehe ich auch dort zum Ticketschalter. Leider spricht niemand englisch und man gibt mir zu verstehen, dass es mit meinem Ticket gehen sollte, so werde ich wieder zum Shuttle geschickt, darf aber dort nicht einsteigen. Ich laufe nochmals zum Ticketschalter, wieder nix, also ein zweites Mal zum Bus, aber auch ein anderer Kontrolleur lässt mich nicht einsteigen. Da wird es mir zu doof und ich entscheide, runter zu laufen.
Die Strecke war dann doch länger, als gedacht. Zum Glück habe ich mich auf dem Berg noch nicht verausgabt, so dass ich easy unten angekommen bin. Beim Runterlaufen konnte ich wenigstens den Kopf lüften. Es lief natürlich niemand runter, außer mir. Die Shuttles fuhren an mir vorbei und ich genoss die Ruhe. Noch was Gutes am Ganzen: so kam ich am Ende des Tages doch auf knapp 20‘000 Schritte und 12 km.
Dieser Tag hat viel Nerven gekostet... Am Ausgangspunkt angekommen, bin ich fix und fertig, so dass ich bis zum Hotel nicht noch 1.5 Stunden Bus fahren möchte und mir deshalb ein Taxi leiste. In Shanghai habe ich von meiner Tante gelernt, dass man nicht einfach so auf der Straße ein Taxi nehmen kann, außer mit der App. Nur, ich kann das chinesische Uber nicht nutzen, deshalb sollte das Taxi z.B. von einem Hotel bestellt werden, selbst wenn man da nicht Gast ist.
Von der Talstation laufe ich in das benachbarte Dorf und suche mir das erstbeste Hotel. Ich habe Glück, der Typ an der Rezeption spricht Englisch. Ich frage ihn, ob er mir ein Taxi bestellt, er sagt „sure“, tippt in seinem Mobile etwas ein und meint, dass in einer halben Stunde ein „Kollektivtaxi“ komme. Als ich Kollektivtaxi höre kommt mir das „colectivo“ aus Costa Rica in den Sinn. Dort war das kein offizielles Taxi, sondern eine gemeinsam genutzte Fahrt, um die Kosten zu teilen. In Costa Rica bin ich aus Sicherheitsgründen nie alleine in ein Colectivo gestiegen. Hier in China sollte dies aber kein Problem sein.
Bis der Fahrer kommt trinke ich an der Bar einen Kaffee und plaudere mit dem Chinesen. Er wundert sich, dass ich den Americano schwarz trinke. Er habe noch nie jemanden schwarzen Kaffee trinken sehen. Es vergehen zwar ein paar Minuten, bis er mit der Kolbenmaschine zurecht kommt, aber ich muss sagen, das war der beste Kaffees, den ich bis jetzt in China bekommen habe. Mit viel Liebe gemacht - der Typ betont nämlich, dass er sich speziell Mühe gibt, für eine Schweizerin einen guten Kaffee zu machen. Wir plaudern weiter und er zeigt auf eine Wand, an der Dutzende von Postkarten angeklammert sind. Er fragt mich, ob ich mich auch verewigen möchte. Sure, it’s a pleasure! 😊
Dann kommt das Taxi. Ich bin die erste Mitfahrerin. Bevor ich einsteige begleitet mich der Typ vom Hotel nach Draußen und gibt mir auf den Weg mit: „Don’t pay too much!“. Ich soll maximal 30 Yuan zahlen. Ämm ok, also kein fixer Preis. Ich stelle mich mal auf diesen Preis ein, umgerechnet sind das nicht mal CHF 4.00, für eine Fahrt von einer Stunde. Wir halten an zwei weiteren Orten an und laden Chinesen auf. Als der Fahrer uns am Bahnhof rauslässt streckt er den Chinesen den QR-Code hin, um mit Alipay zu zahlen. Oh nein, das chinesische Twint geht bei mir nicht. Ich frage: „cash?“, er nickt. Ich strecke ihm 30 Yuan hin und er nimmt sie wortlos entgegen.
Vom Bahnhof muss ich dann noch in ein anderes Taxi. Dort gibt es aber offizielle Taxis. Ich reihe mich ein, steige in das Taxi und zeige dem Fahrer die Hoteladresse. Er lacht, lässt die Scheibe runter und ruft seinen Kollegen zu. Es versammeln sich sechs Typen um unser Taxi, die lautstark miteinander diskutieren. Einmal mehr möchte ich gerne verstehen, was das Problem ist. Nach gefühlt 10 Minuten fahren wir los. Ich frage den Fahrer, was das Problem war, bekomme aber keine Antwort. Vielleicht war es der Hotelname und die Strasse, welche ich im Screenshot von booking.com natürlich nur in Englisch hatte. Ich zeige ihm die Hotelkarte, auf der alles in chinesischer Schrift abgebildet ist. Er nickt und ich komme tatsächlich am Ziel an.
Ein erlebnisreicher, aber anstrengender Tag geht zu Ende. Ich möchte nur noch unter die Dusche, das Nachtessen lasse ich aus. Dann falle ich erschöpft in das Bett.
Für die nächsten Tage überlege ich mir, ob ich nochmals den Berg erklimmen soll. Auch eine Übernachtung in einer Unterkunft auf dem Berg wäre eine tolle Sache. Schlussendlich scheint mir das doch zu anstrengend, weil sich ja an den Menschenmassen nicht wirklich was ändern würde. So entscheide ich mich für ein paar chillin’ days in Huangshan Town.
Huangshan liegt an einem Fluss. Bei über 30 Grad genieße ich es, ausgedehnte Spaziergänge zu machen. Ich entdecke auch ein Einkaufszentrum. Das coole an diesen Malls ist jeweils, dass man ein sauberes WC findet, es klimatisiert ist und ich bekomme immer Kaffee.
Ich schlendere den Straßen entlang, gehe Früchte einkaufen, setzte mich an den Fluss. Am Abend geht es jeweils ins Gym. Ich lebe einfach in den Tag hinein. Ein Bekannter aus der Schweiz schreibt mir: „Mann, hast du ein schönes Leben. Wollen wir tauschen?“. Ich mache es eben wie Pipi Langstrumpf: ich mache mir die Welt, wie sie mir gefällt - in vollem Bewusstsein über diesen Luxus. Ein weiterer Moment, den ich in vollen Zügen genieße und einfach dankbar bin.
Bilder von Huangshan City, genannt Tunxi, findest Du auf meinem Insta.
Morgen geht es zurück nach Shanghai, wo ich die letzten zwei Nächte verbringe, bevor ich China verlasse und nach Dubai fliege. Unglaublich, wie schnell ein Monat verging. Dennoch habe ich so viel erlebt, dass es mir vorkommt, als ob ich länger hier bin. Ich würde auch noch länger bleiben, denn dieses große und tolle Land würde bestimmt noch viele Abenteuer für mich bereithalten. Trotzdem freue ich mich auf eine Woche in Dubai. Dort bekomme ich Besuch von meiner besten Freundin.
Spoiler: Ein Rückblick und meine Highlights aus China wird es in einer weiteren Podcast-Folge geben.
Amüsanter und guter Bericht. Best to know, wie es wirklich funktioniert 😇.Danke Ariana.
Wichtiger Tip für Dubai: Berühre ja kein/e Zollbeamter/in > gibt 1 Jahr Jail…Blick-News…